René Dumont, eine wichtige Stimme derjenigen „ohne Stimme“, starb 97-jährig. Ein Nachruf von
Als einer der ersten kündigte er Katastrophen der Weltentwicklung an: den weltweiten Hunger, die demogra?sche Explosion, die wachsende Ungleichheit, die extreme Unterdrückung der Frauen im Süden, die ökologische Krise sowie die globale Fehlentwicklung und 1974 war er in Frankreich der erste ökologische Präsidentschaftskandidat.
Er war zuallererst Agronom (des Hungers), besuchte ab 1923 zahlreiche, zuerst französische Kolonien, die ihn mit dem Elend und dem Hunger der Massen bekannt machten.Seit 1937 lehrte er als Professor an der Universität für Agronomie in Paris.
Sehr bald engagierte sich Dumont gegen den Kolonialismus und begleitete die nationalen Befreiungsbewegungen in die Unabhängigkeit. Als einer der Väter der Tiers-Mondisten bereiste er 84 Länder der Welt und gab Staatsmännern wie Nehru, Nasser, Castro, Sihanuk, Nyerere, Bourghiba etc. gute Ratschläge – und warf ihnen oft nicht nur eine falsche Agrar-, sondern auch eine falsche Entwicklungspolitik vor: sichtbar geworden in seinem 1962 erschienen grundlegenden Buch „L’Afrique noir est mal partie“.Diesem Buch folgten über 50 weitere.
Dumonts Grundüberzeugung war es, dass eine privilegierte Minderheit des Nordens die Mehrheit der Weltbevölkerung zur permanenten Misere verdammt: Durch die Mechanismen der Weltwirtschaft plündert sie den Planeten, verschärft die Ungleichheit, pro?tiert von der „Fehlentwicklung“, die sie selbst organisiert, zerstört die Landwirtschaften, setzt den ungleichen Tausch durch, protegiert und bewaffnet die Diktaturen, verschmutzt den Globus, bringt das Klima durcheinander, pro?tiert von den Finanzströmen. Die so genannte Entwicklungshilfe sei da nur eine „Scheinheiligkeit“, damit die Ausbeutung weiterlaufen könne.
Schließlich wurde er Ökologe und Warner vor der Weltzerstörung, denn der Konkurs der Dritten Welt bedrohe die gesamte Menschheit. Den Eliten warf er vor, sie würden den bevorstehenden planetaren Autogenozid nicht sehen.
Dumont bleibt als ein Besessener der Wahrheit, als maßloser Kämpfer gegen die Ungerechtigkeit, der trotzdem für Mäßigung, geduldige kleine Reformschritte und vor allem für die Priorität des Individuums plädierte, in Erinnerung.
Richard Langthaler ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Österreichischen Forschungsstiftung für Entwicklungshilfe (ÖFSE).
Berichte aus aller Welt: Lesen Sie das Südwind-Magazin in Print und Online!
Mit einem Förder-Abo finanzieren Sie den ermäßigten Abo-Tarif und ermöglichen so den Zugang zum Südwind-Magazin für mehr Menschen.
Jedes Förder-Abo ist automatisch ein Kombi-Abo.
Mit einem Solidaritäts-Abo unterstützen Sie unabhängigen Qualitätsjournalismus!
Jedes Soli-Abo ist automatisch ein Kombi-Abo.